Manchmal dauert es etwas länger, bis beim MDR etwas herauskommt Drucken
Geschrieben von: Heiko Hilker   
Mittwoch, 11. November 2009 um 19:21

Reporter des NDR hatten es herausgefunden: Unternehmen machen bei Einstellungstests einen Bluttest zur Bedingung. Es dauerte einige Tage bis zum 5. November, bis bekannt wurde, dass dies auch – jahrelange – Praxis beim NDR sei. Dass der MDR keine Ausnahme macht – darüber zu berichten brauchten sächsische Medien fast eine weitere Woche. Am 11.11. druckte es die Dresdner Morgenpost. Andere zogen nach.

 

Bei manchen Sendern – nicht beim MDR – gibt es die entsprechenden Regelungen seit 1978. Und es wundert schon, dass anscheinend Journalisten einen Bericht über Bluttests bei Unternehmen machen, um so die rechtswidrige Praxis im eigenen Unternehmen über Zeitungen dann öffentlich zu machen. Was macht all die Jahre die Datenschutzbeauftragten der Sender? Wie fasste Ralf Lehmann, der MDR-Datenschutzbeauftragte – er ist es seit 1992 - dies in seinem Bericht für die Jahre 2006 bis 2008 zusammen? „Förmliche Beanstandungen musste ich in den vergangenen zwei Jahren nicht aussprechen. Es gab einzelne kritische Fälle, die aber nach meinen Hinweisen geändert wurden.“

Hat ihn keiner über die rechtswidrige Praxis informiert? Oder war ihm die Rechtswidrigkeit der Bluttests nicht bekannt? Oder war diese für ihn Gewohnheitsrecht, da ARD-Altanstalten dies schon vor 1989 praktizierten? Der Bericht des Datenschutzbeauftragten gibt „Auskunft über die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften des MDR-Staatsvertrages und der Datenschutzgesetze im MDR in den vergangenen zwei Jahren.“ Nun, das Datenschutzgesetz des Freistaates Sachsen wurde anscheinend nicht eingehalten. Spätestens jetzt wäre es Zeit zu handeln. Dies kann auch Herr Lehmann. Die Mittel stehen im § 42 MDR-Staatsvertrag. Dort heißt es:

„Der Beauftragte für den Datenschutz in der Rundfunkanstalt überwacht die Einhaltung der Datenschutzvorschriften dieses Vertrages, des Datenschutzgesetzes des Freistaates Sachsen und anderer Vorschriften über den Datenschutz bei der gesamten Tätigkeit der Anstalt. Er ist in Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Im übrigen untersteht er der Dienstaufsicht des Verwaltungsrates.“

„Stellt der Beauftragte für den Datenschutz in der Rundfunkanstalt Verstöße gegen die Vorschriften dieses Vertrages oder anderer Datenschutzbestimmungen oder sonstige Mängel bei der Verarbeitung personenbezogener Daten fest, so fordert er ihre Behebung innerhalb angemessener Frist. Wird ein Verstoß nicht behoben, so teilt er dies dem Intendanten mit und fordert innerhalb angemessener Frist geeignete Maßnahmen (Beanstandung). Mit der Beanstandung kann der Beauftragte für den Datenschutz in der Rundfunkanstalt Vorschläge zur Beseitigung der Mängel und zur sonstigen Verbesserung des Datenschutzes verbinden.“

„Der Beauftragte für den Datenschutz in der Rundfunkanstalt kann sich jederzeit an den Verwaltungsrat wenden (Anrufungsrecht).“


Ja, zu fragen ist, ob nun alle Bewerber einen Bluttest machen müssen? Und ob für alle Bewerber dieselben Tests gemacht werden? Zu fragen ist, ob man für die Aussagen, die man gewinnen will, überhaupt einen Bluttest braucht.

In Artikel 12 des Sächsischen Datenschutzgesetzes ist geregelt:„Das Erheben personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der erhebenden Stelle erforderlich ist.“

Wenn nun gesagt wird, dass die Daten der Blutproben vom Betriebsarzt an den MDR nicht weitergeleitet werden – wozu braucht man dann die Blutproben? Oder verlässt man sich auf den Betriebsarzt, wenn dieser sagt, dass ein Bewerber aufgrund des Blutbilds für eine Stelle nicht geeignet sei? Und so ist zu fragen, in welchen Fällen man vom Blutbild darauf schließen kann, ob ein Bewerber für eine Stelle ungeeignet ist?

 


So hat es sicher Gründe, warum Ralf Lehmann für Journalisten derzeit nicht zu zitieren ist und Anfragen darüber, welchen Auftrag der Betriebsarzt vom MDR hat, welche Daten dieser erhebt und welche dieser Daten der Betriebsarzt weiterleitet, vom MDR unbeantwortet bleiben. Vielleicht können diese Fragen erst beantwortet werden, wenn ein Mitarbeiter auf Akteneinsicht klagt.

Nun, es wäre somit an der Sächsischen Staatsregierung, hier einzugreifen. Schließlich liegt seit 1. Juli die Rechtsaufsicht über den MDR in der Sächsischen Staatskanzlei. Doch da rührt sich noch niemand. Sicher, sie müsste sich erst einmal mit den beiden anderen Regierungen abstimmen, wie es in § 37 MDR-Staatsvertrag festgelegt ist (Die jeweils aufsichtsführende Regierung beteiligt die beiden anderen Regierungen vor der Einleitung von Maßnahmen und bemüht sich um ein Einvernehmen.“)

Hier ist auch klar geregelt, welche Mittel sie hat:

„Die aufsichtsführende Regierung ist berechtigt, die Anstalt durch schriftliche Mitteilung auf Maßnahmen oder Unterlassungen im Betrieb des MDR hinzuweisen, die diesen Staatsvertrag oder die allgemeinen Rechtsvorschriften verletzen, und das Organ aufzufordern, die Rechtsverletzung zu beseitigen.

Wird die Rechtsverletzung nicht innerhalb einer von der aufsichtsführenden Regierung zu setzenden angemessenen Frist behoben, weist diese den MDR an, im einzelnen festgelegte Maßnahmen auf Kosten des MDR durchzuführen. In Programmangelegenheiten sind Weisungen ausgeschlossen.“

Nun, bei den Bluttests geht es nicht um Programmangelegenheiten. Die Sächsische Staatskanzlei müsste also aktiv werden. Dort da hat man zur Zeit andere Themen. Da hat man mit Udo Reiter gemeinsam zu klären und abzustimmen, wer ihn im Rundfunkrat kontrollieren sollte

Es zeigt sich wieder einmal: der MDR-Datenschutzbeauftragte kann nicht unabhängig agieren. Er agiert wie ein Beschäftigter des MDR. Es reicht nicht, zu 70 Prozent für seine Tätigkeit freigestellt zu sein. Schließlich ist er dem Intendanten noch zu 30 Prozent unterstellt und damit weitgehend abhängig. Damit wird man den EU-Richtlinien zur Unabhängigkeit der Datenschützer nicht gerecht. Doch auch damit ist der MDR in der ARD nicht allein.

 

 
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