Freie Radios in Sachsen vor dem Ende? Drucken
Geschrieben von: Heiko Hilker   
Donnerstag, 22. Oktober 2009 um 08:26

Befürchtet (hier und hier) wurde es schon einige Zeit. Nun wurden die Befürchtungen Realität: die Sächsische Gemeinschaftsprogramm GmbH & Co KG, der Betreiber von Apollo Radio, kündigte am 13. Oktober die Kooperationsvereinbarungen mit den drei sächsischen Freien Radios. Man will die Leitungs- und Sendekosten von 40.000 Euro im Jahr nicht weiter für diese mit übernehmen.

 

Im Oktober 2003 erteilte die Sächsische Landesmedienanstalt Apollo Radio, die von der Sächsisches Gemeinschaftsprogramm GmbH & Co. KG betrieben wird, eine Radiolizenz. An der Sächsische Gemeinschaftsprogramm GmbH & Co KG sind u.a. die BCS Broadcast Sachsen und die Regiocast Deutsche Radioholding beteiligt. Die BCS Broadcast Sachsen betreibt u.a. Radio DRESDEN, Radio LEIPZIG, Radio CHEMNITZ, HITRADIO RTL SACHSEN. Die Regiocast Deutsche Radioholding ist auch an den Radios PSR und R.SA beteiligt. Geschäftsführer von Apollo Radio sind Tino Utassy und Boris Lochthofen. Tino Utassy ist Geschäftsführer der BCS Broadcast Sachsen , Boris Lochthofen managt die Unternehmenskommunikation der REGIOCAST. Apollo Radio selbst wirbt damit, „ein Premium-Produkt der privaten Hörfunkanbieter RADIO PSR, , R.SA und ENERGY SACHSEN zu sein.“

Doch Apollo Radio ist eben noch mehr: Dieser Sender teilt sich auch mit den drei nichtkommerziellen Radios Radio blau (Leipzig), Radio t (Chemnitz) und Coloradio (Dresden) die Frequenzen. Diese senden wöchentlich ein 49stündiges Programm. Zudem übernahmen die Gesellschafter von Apollo Radio für diese die Sende- und Leitungskosten, also jene Kosten, die für den Transport des Radio-Signales vom Funkhaus bis zum Sendemast anfallen. Seit dem Jahre 2004 gibt es eine Vereinbarung, dass Apollo Radio die entsprechenden 40.000 Euro übernimmt. ( Normal 0 21 Ob diese Zahlung Bestandteil der Lizenz ist, lässt sich nicht überprüfen, da man in diese nicht Einsicht nehmen darf.) Die Gesellschafter von Apollo Radio waren dazu bereit, da man so auch verhindern konnte, dass ein weiterer, unabhängiger Programmveranstalter in den sächsischen Markt eindringt. Die Sächsische Landesmedienanstalt hatte vorab signalisiert, dass man auf diesem Wege das Hamburger Klassikradio, das sich auch um die Frequenzen beworben hatte, abwehren könnte.

 

Nunmehr ist klar, dass die sächsische Landesmedienanstalt keine weiteren analogen Frequenzen mehr ausschreiben wird. Dabei beruft sie sich auf eine Novellierung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes aus dem Jahre 2008, die von einer Mehrheit des Landtages im Zusammenhang mit dem 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschlossen wurde. Diese wird so interpretiert, dass frei werdende analoge Frequenzen nicht neu ausgeschrieben werden. Damit sehen die Betreiber von Apollo Radio die Chance, sich der zusätzlichen Kosten zu entledigen. Zum einen können sie Apollo Radio, das nie Gewinn abwarf, einstellen, ohne befürchten zu müssen, dass sie einen neue Konkurrenten im sächsischen Radiomarkt bekommen. Zum anderen können sie damit drohen, aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Förderung der nichtkommerziellen Radios einstellen zu müssen, um im Sinne der Vielfalt Apollo Radio erhalten zu können. Da kommt ihnen entgegen, dass der entsprechende Vertrag über die Zahlung der Leitungskosten zum Jahresende ausläuft.

Und so stehen die drei freien Radios vor dem Aus, wenn nicht ein Dritter einspringt.

Doch warum übernimmt dann nicht die Landesmedienanstalt die Förderung? Wer den Etat der Sächsischen Landesmedienanstalt mit einem Volumen von 6,6 Mio. Euro im Jahre 2009 kennt, kann sicher nicht verstehen, warum diese die 40.000 Euro nicht übernehmen kann. Doch diese kann darauf verweisen, dass es im Sächsischen Gesetz über privaten Rundfunk und neue Medien keinen Passus gibt, auch nicht im § 28, der die Förderung nichtkommerziellen Rundfunks ausdrücklich erlaubt. Zudem hat der sächsische Gesetzgeber bis heute nicht die Möglichkeit aus dem § 40 Rundfunkstaatsvertrag in Landesrecht umgesetzt, „Formen der nichtkommerziellen Veranstaltung von lokalem und regionalem Rundfunk und Projekte“ zu fördern. Diesen „Ländervorbehalt“ umzusetzen hat bisher keine Sächsische Staatsregierung vorgeschlagen sowie keine Mehrheit im Landtag gefunden. Und so kann man sich in der Landesmedienanstalt darauf berufen, dass man die drei Radios nicht direkt fördern darf. Doch wer sagt denn, dass die Rechtsaufsicht gegen eine solche Förderung einschreiten würde, zumal diese auch nicht verboten ist? Zumal, wer sich näher damit beschäftigt, weiß, dass die Landesmedienanstalt zwei der drei freien Radios schon entsprechend fördert. Seit mehr als 10 Jahren erhält das Chemnitzer Radio t immerhin 6.000 Euro von der Landesmedienanstalt, die Radio t direkt an Apollo weiterleitet. (Die Sende- und Leitungskosten für Radio t betragen 17.000 Euro im Jahr.) Dieser Zuschuss müsste also nur aufgestockt werden. Doch dazu fehlt anscheinend der politische Wille. Und so stehen 20 Jahre nach der deutschen Einheit jene Radioinitiativen vor dem Aus, die zu Zeiten des demokratischen Aufbruchs in der DDR entstanden sind.

Die freien Radio planen nun verschiedene Aktionen. U.a. wollen sie den Medienrat am 26.10. besuchen.

 

 
Kommentare (2)
1 Samstag, 24. Oktober 2009 um 07:22
Micha
http://bleephop.blogspot.com/2009/10/politischer-unwille-in-sachsen-ein.html
2 Montag, 07. Dezember 2009 um 18:40
Franz Hinzo
Dann muss die Landesregierung die Kosten bezahlen,
was solls......, sächsische Medienpolitik ?????
Es fehlt für die Leistungsbringer und Gebührenzahler ein Programm wie vom RBB "radioeins" oder WDR2,das hat der MDR verschlafen...,der Durschnitt in Deutschland ist 45 Jahre alt. Drei Alternativen Radio will man den Saft abdrehen...,nichts neues in der Geschichte, wie war das mit DT64 in Sachsen und der CDU. Apollo, wer hört das?
Keine Sau...,
yvComment v.1.18.4