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Kleine Anfragen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Heiko Hilker   
Montag, 18. August 2008 um 11:12

In den letzten 4 Jahren habe ich 1000 Kleine Anfragen an die Sächsische Staatsregierung gestellt. Das sorgte für großen Wirbel. Von tausend Kleinen Anfragen bis zum Vorwurf, Steuermittel zu verschwenden, ist es in Sachsen nicht weit. Nur liegt da wirklich eine Steuermittelverschwendung vor? Ich weiß, dass die Staatsregierung alles daran setzt, diesen Eindruck in der Öffentlichkeit zu vermitteln. Und sicher, einige meiner Kleinen Anfragen erwecken diesen Eindruck. Doch man sollte nicht vergessen, dass die Staatsregierung mit diesen Vorwürfen auch ein Ziel verfolgt. Wie wäre ansonsten eine offensichtlich wohlwollende Berichterstattung anlässlich der 1000ten Kleinen Anfrage zu erklären.

 

Und so ist zuerst einmal zu klären, welche politischen Aufgaben ein Oppositionspolitiker im Landtag hat. Sie besteht meiner Meinung nach darin, die Regierung zu überprüfen und in ihrem Handeln zu kontrollieren. Welche Mittel hat dabei ein Oppositionspolitiker? Nicht viele. Eigentlich nur die, Kleine Anfragen zu stellen. Und so stelle ich Kleine Anfragen. In diesen Anfragen geht es vor allem um die Arbeitsweise der Staatsregierung, aber ich stelle auch Anfragen zur Jugendpolitik, zur Förderpolitik, zu Medien, zu Technologiefragen und zum Wahlkreis. Nebenbei bemerkt, nicht einmal die Hälfte meiner Kleinen Anfragen habe ich mir ausgedacht. So treten Bürgerinnen und Bürger an mich heran und bitten mich, bestimmte Sachen zu recherchieren, was dann oft nur durch Kleine Anfragen erfolgen kann. Und dies deshalb, weil sie selbst kein Recht auf eine sachlich-fundierte und verbindliche Antwort von der Staatsregierung haben. Dies ist für mich der Skandal. Damit sollte sich der Sächsische Landtag beschäftigen. An mich wenden sich Bürger aus allen gesellschaftlichen Schichten, so u.a. Unternehmer, die durch bestimmte gesetzliche Bestimmungen oder Rahmenbedingungen Probleme in ihren Unternehmen bekommen. Mir schreiben auch Leute, die in der Jugendarbeit tätig sind und einfach wissen wollen, nach welchen informellen Richtlinien Fördermittel vergeben werden. Und, und, und ... Ich stelle somit Fragen, die das Leben stellt. Sie beruhen auf, zum Teil skurrilen Geschichten, die das Leben schreibt. Sie werden kaum eine Anfrage finden, die keinen Ursprung in der sächsischen Realität hat. Ist es verwerflich, diesen Menschen zu helfen, soweit es geht? Ist es Steuermittelverschwendung, wenn man den Wählerauftrag, den man von Teilen der sächsischen Bevölkerung erhalten hat, erfüllt? Nur wenige haben sich bisher einmal den öffentlich zugängigen Drucksachenkatalog des Sächsischen Landtages angesehen. Nur wenige können also einschätzen, ob es sich bei den Anfragen um unnütze Ausgaben handelt. Ich behaupte, dass durch unsere Kleinen Anfragen schon häufig Geld des Steuerzahlers gespart wurde und wird. Denn zum Teil bekommt man sogar den Tip von Mitarbeitern der Staatsregierung, bestimmte Fragen zu stellen. Um so Dinge zu beschleunigen oder bestimmte Handlungen zu unterbinden.
Sind 1000 Anfragen in 1245 Parlamentstagen zu viel. Dass ist nicht einmal eine Frage pro Tag! Journalisten stellen wesentlich mehr Fragen pro Tag an die Regierung. Und diese wollen eine Antwort in kürzester Zeit. Bei mir hat die Regierung immerhin vier Wochen Zeit. Und - viele Journalisten nutzen meine Kleinen Anfragen und die Antworten für Artikel. Sie nutzen meine Ideen und sparen sich so eine Menge Zeit für Recherche.
Kann man mit 1000 Anfragen die Staatsregierung lahm legen? Nein. Denn das ist in 1245 Tagen nicht einmal eine Frage für jeden zweiten Mitarbeiter der Staatsregierung. Bis zum heutigen Tage hat die Staatsregierung noch keinen weiteren Mitarbeiter eingestellt, um meine Anfragen beantworten zu können. Dies heisst, bei der Staatsregierung liegt kein wesentlicher Mehraufwand vor, um meine Anfragen beantworten zu können. Ganz abgesehen davon, dass, wenn ich Minister wäre, die Mitarbeiter mir auch diese Fragen beantworten müssten. Denn nur mit den Fakten und Daten, die ich aus meinen Kleinen Anfragen erfahre, ist es mir möglich, sachlich-fundierte - und nicht oberflächliche - politische Vorschläge zu unterbreiten.

Sind die Politiker besser, die gar nichts tun, als ihre Diät zu kassieren? Hat man die Oppositionspolitiker lieber, die gar nichts tun, weil sie dadurch am wenigsten kosten? Ich glaube, gerade das ist nicht im Interesse der Bürger und für die Demokratie ziemlich gefährlich. Denn dann könnte die Staatsregierung tun, was sie will. Keiner würde ihre Handlungsweise überprüfen, niemand würde permanent Druck auf sie ausüben und sie zu rechtmäßigem Handeln zwingen. Wer das will, sollte die weitaus kostengünstigere Monarchie wieder einführen. Denn in der Monarchie gibt es keine Opposition. Sie kostet somit auch nichts.

Noch kurz etwas zur rechtlichen Lage: Laut Sächsischer Verfassung ist die Staatsregierung verpflichtet, "über ihre Tätigkeit, den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben (Kontrolle der Regierung) erforderlich ist." (Art. 50 SächsVerf) In dieser Weise Fragen zu beantworten, ist danach auch die Aufgabe der Staatsregierung. Nicht zuletzt ist das Fragerecht nach Art. 51 SächsVerf ein den Landtagsabgeordneten verbrieftes Recht.

Ich mache also nicht mehr und nicht weniger, als meine verfassungsmäßigen Rechte wahrzunehmen. Ich habe das Recht und mehr noch die Pflicht, die Regierung zu überprüfen.

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